Der deutsche Fußball scheint in den vergangenen beiden Jahren aus einer Art Winterschlaf erwacht zu sein. Bayer Leverkusen löste die ein Jahrzehnt andauernde unangefochtene Regentschaft des großen FC Bayern München ab. Ein Jahr später wurden die Bayern zwar wieder Meister, dennoch lief in der vergangenen Saison bei weitem nicht alles, wie man es erwartet hatte. Fußballerisch regte sich etwas in Ostwestfalen. Ausgerechnet die Stadt, die es nicht gibt, sorgte für Euphorie und brachte vielen Fans den Glauben an den traditionellen Fußball zurück.
Schlechte Aussichten
Nachdem die Arminia nach Jahren auf geradezu wundersame Weise 2020 ihren Weg in die erste Liga zurückgefunden und sogar entgegen aller finanziellen Nachteile die Liga zur Saison 2021/22 halten konnte, ging es seither bergab. Nach dem Abstieg in das Unterhaus 2022 folgte in der darauffolgenden Saison der sofortige Abstieg in die dritte Liga, verbunden mit Fanausschreitungen im Relegationshinspiel gegen Wehen Wiesbaden. Doch es wurde auch in der Folgesaison 2023/24 nicht besser. So konnte der Klassenerhalt nur mit allerletzten Kräften vollbracht werden. Zum Frust vieler Fans hielt man am Trainer Mitch Kniat fest. Eine Entscheidung, die sich letztlich als goldrichtig herausstellen sollte. Mit einigen Neuzugängen ging es in die Saison 2024/25. Es konnte dann quasi nur besser werden – und wie.
Das Märchen
Es folgte eine Saison, die buchstäblich in die Geschichtsbücher des deutschen Fußballs eingeht. In der 3. Liga dominierte die Arminia das Geschehen und sicherte sich nach einem engen Rennen mit Dynamo Dresden den Meistertitel und damit den Aufstieg zurück in die Zweitklassigkeit. Danach sah es aber bei Weitem nicht die gesamte Saison aus. Noch im Frühjahr 2025 waren von den Rängen „Kniat raus!“-Rufe zu vernehmen, welche die sofortige Entlassung des Trainers forderten. Damit machten sie ihrem Frust über die zeitweise schlechte Form der Mannschaft Luft. Zu jener Zeit waren die Rufe bitterer ernst. Zum Ende der Saison wurde der Name wieder auf der Bielefelder Alm gerufen – nur dieses Mal bei der Meisterfeier, während Kniat seine Auszeichnung zum Trainer des Jahres entgegennahm. Im wahrsten Sinne des Wortes eine Ironie des (Fußball)Schicksals. Mit der Meisterschaft war die Saison aber bei Weitem nicht abgeschlossen. Das größte Spiel der Vereinsgeschichte sollte noch kommen.
Die Pokalsensation(en)
Nicht nur in der Liga sorgte Bielefeld für Furore. Im DFB-Pokal startete das Team eine sensationelle Reise und eliminierte nacheinander Hannover 96, Union Berlin, SC Freiburg, Werder Bremen und im Halbfinale sogar den Titelverteidiger Bayer Leverkusen. Diese beeindruckende Serie führte die Arminia erstmals in ihrer 120-jährigen Geschichte ins Pokalfinale. In jedem dieser Spiele war Bielefeld der eindeutige Underdog, was allein die Ligazugehörigkeit anzeigte. Spiel um Spiel setzte sich Bielefeld gegen alle Wahrscheinlichkeiten durch, was sich auch durch die hohen Quoten bei den Betano Sportwetten zeigte. Hohe Quoten spiegeln stets den Underdog wider, während dem Favoriten mit niedrigeren Quoten höhere Gewinnchancen eingerechnet werden. Doch Bielefeld überraschte. Das Besondere: Die Siege gegen scheinbar übermächtige Erstligisten basierten nicht auf Glück, sondern der Drittligist spielte über weite Strecken einfach besser.
Im Endspiel traf Bielefeld auf den VfB Stuttgart. Obwohl die Arminia das Spiel mit 2:4 verlor und somit die Silbermedaille entgegennehmen musste, schrieb Julian Kania Geschichte, indem er als erster Spieler eines Drittligisten ein Tor in einem DFB-Pokalfinale erzielte. Trotz der Niederlage wurde die Leistung des Teams landesweit gefeiert und als Symbol für Durchhaltevermögen und Teamgeist angesehen. Die Stadt, die es nicht gibt, hat allen gezeigt, was mit Zusammenhalt und dem Festhalten am großen Traum möglich ist.
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